Künstler(in)/Hersteller(in) Wiktor Latawiec, Marzena Latawiec, Monika Zuba
Datum der Herstellung/Erstellung
2011
Eingang in die Museumssammlung
2011
Herkunftsort
Radomyśl nad Sanem (Radomyśl am San), Woiwodschaft Karpatenvorland, Polen, Europa
Aktueller Standort
National Ethnographic Museum in Warsaw, Warsaw, Poland
Material
Polyester, Wolle, Holz
Maße
100 x 157 x 30 cm
Inventarnummer PME 58233/1-4
Stichwort Kulturerbe Tracht Textil
Copyright Polnisches Museum für Völkerkunde
Status im Lager
Bildnachweis Bild: Edward Koprowski
Alte Traditionen können belanglos erscheinen. Sie können uns jedoch als Inspirationsquelle für die Gestaltung unserer Zukunft dienen.
Worum handelt es sich bei diesem Objekt, mit welchen Menschen steht es in Zusammenhang?
Viele kleine Gemeinden haben Bräuche bewahrt, die aus Sicht einer Großstadt und des vorherrschenden Kulturmodells völlig irrelevant sind oder die irgendwann aus dem kulturellen Repertoire entfernt wurden. Innerhalb der Gemeinde hat sich ihre Funktion von magisch und sozial zu identitätsstiftend und unterhaltend verändert. Dennoch werden sie weiterhin in einem ethnografischen und historischen Kontext erklärt – also als Versuch, die Welt in Form von etwas Fremdem, Magischem, von sozialen Kontakten und dem Dualismus der Welten zu verstehen. Der Karnevalsumzug in Radomyśl am San ist einer dieser Bräuche. Nach einer Unterbrechung von mehreren Jahren wurde er von einer Gruppe junger Menschen, die auch das Kostüm entwarfen, zu neuem Leben erweckt. Die Gruppe ließ sich dabei von der ältesten Einwohnerin von Radomyśl, Gizela Krajewska, beraten. Die Gruppe inspirierte so die Kommunalverwaltung und ein Kulturzentrum zu ähnlichen Veranstaltungen.
Mit welchen Orten ist dieses Objekt verbunden, wie europäisch/transnational ist es?
Das Kamelkostüm ist lokal geprägt. Die Idee für dieses Kostüm hatten einige Menschen aus einer kleinen Ortschaft – Radomyśl am San. Es wurde entsprechend dem lokalen Brauch für den Karnevalsumzug angefertigt, d. h. es musste die Teilnehmer vollständig bedecken. Während des Umzugs versucht der Priester der Gemeinde zu erraten, welches Kostüm welcher realen Person entspricht. Als Karnevalskostüm fügt es sich in den größeren Kontext des europäischen Karnevals und seiner lokalen Traditionen ein. Es knüpft in seiner Form an überregionale Probleme an. Denn die exotische Herkunft des Tieres, des arabischen Hirten und des Schwarzen Reiters kann als lokale Reflexion über Migration betrachtet werden.
Warum und wie ist dieses Objekt in die Sammlungen des Museums gelangt?
2014 setzte das Museumsteam das Projekt „Carnival, King of Europe“ um. Im Rahmen seiner Feldforschung besuchte es verschiedene Orte, an denen die Karnevalstradition noch lebendig ist. Einer davon war Radomyśl nad Sanem. Die Schöpfer des Kamelkostüms zeichneten sich durch ihre Kreativität aus. Denn das Kostüm wurde nicht auf der Grundlage gekaufter Kleidung oder Maske hergestellt, sondern vollständig neu konzipiert. Das Kamel ist Teil eines Ensembles, zu dem noch die Figuren „Schwarzer“ und „Araber“ gehören.
In welchem Verhältnis steht dieses Objekt zu Abfall?
Die Materialien, aus denen das Kamel besteht, sind in diesem Fall die wichtigsten Verbindungsglieder zum weiter gefassten Abfallbegriff: Holzreste, alte Decken und andere Textilien.