Künstler(in)/Hersteller(in) Kazimierz Sokołowski
Datum der Herstellung/Erstellung
Keine Angaben
Eingang in die Museumssammlung
1988
Herkunftsort
Brańsk, Woiwodschaft Podlachien, Polen, Europa
Aktueller Standort
National Ethnographic Museum in Warsaw, Warsaw, Poland
Material
Holz (Eiche), Schneiden, Schleifen
Maße
H: 83 cm; Durchmesser: 48,3 cm/23 cm
Inventarnummer PME 49974
Stichwort Ländliches Leben Arbeit Technologie
Copyright Polnisches Museum für Völkerkunde
Status ausgestellt
Bildnachweis Bild: Edward Koprowski
Unsere Museen verwahren ungeheure Mengen von Gegenständen, die einst im alltäglichen Gebrauch waren und nun nutzlos erscheinen. Warum sind sie trotzdem von Belang?
Worum handelt es sich bei diesem Objekt, mit welchen Menschen steht es in Zusammenhang?
Diese Art von Baumstümpfen diente in Sattlerwerkstätten der Herstellung von Halsjochen, also von Zuggeschirr für Pferde. Sattler verarbeiteten Leder und stellten Pferdegeschirr und Sattel für Personen her, die die Zugkraft von Pferden nutzten. Eine verstärkte Mechanisierung und technologische Entwicklung im ländlichen Polen fanden erst in den 1960er-Jahren statt und erreichte auch nicht alle Landwirte, weshalb bis in die 1980er-Jahre Bedarf nach Sattlerfertigkeiten bestand. Im Laufe der Zeit hat jedoch das „mechanische Pferd“ das Tier verdrängt, was zum Verschwinden des Sattlerberufs beitrug. Technologie und Industrie haben diese handwerklichen Fähigkeiten in die Nische des Reitsports und auf den Friedhof der Technikkultur und ethnografischer Museen verdrängt.
Mit welchen Orten ist dieses Objekt verbunden, wie europäisch/transnational ist es?
Der Wegfall des entsprechenden Kontexts ist einer der Hauptgründe dafür, dass verschiedene Arten von Fähigkeiten im Abfallkorb des Kulturerbes landen, und das ist keine ausschließlich lokale Entwicklung. Das ist unvermeidlich und hängt weiterhin zusammen mit technologischen Veränderungen und einer veränderten Denkweise. Nicht die Fertigkeiten des Sattlers sind überflüssig geworden, sondern die Welt hat keinen Bedarf mehr, sie zu nutzen. Oft spielt hier auch unsere veränderte Beziehung zur Welt eine wichtige Rolle. Wir sind nun Teil dieser Welt und erkennen die Rechtsträgerschaft anderer Lebewesen, etwa von Tieren, an. Wir betrachten sie nicht mehr als Ressource. Für das Überleben von Handwerksberufen wie Sattler, Schmied, Korbmacher, Glockengießer usw. sind viele Faktoren ausschlaggebend: Moden, die Wirtschaft, Verhaltensänderungen, Subventionen, Nischen oder Isolation.
Warum und wie ist dieses Objekt in die Sammlungen des Museums gelangt?
Bereits zu dem Zeitpunkt, als es bei Feldforschungen gefunden wurde, war es ein Andenken an eine Welt, die es nicht mehr gibt, und wurde daher in die Sammlung aufgenommen. Der Eigentümer hegte gegenüber dem Klotz keine großen Gefühle. Einer der Bereiche, die für die Ethnografie von Interesse sind, war und ist der Alltag in all seinen Ausprägungen. Die Arbeit und die Fähigkeit, spezifische Instrumente – sowohl im Bereich der physischen Praxis als auch des praktischen Wissens – zu nutzen, erzählen auch ethnografische Geschichten über Arbeit.
In welchem Verhältnis steht dieses Objekt zu Abfall?
Der Sattelklotz stammt aus der bereits geschlossenen Sammlung der Basiswirtschaft und des Handwerks. Neben seiner Rolle als Zeuge von Zeit und Ort und stummer Botschafter von Arbeitsgesten ist er ebenso nutzlos wie andere Gegenstände, die im Museum gesammelt werden. Die Ethnografie, insbesondere in Museen, ist ein Zombie.