Künstler(in)/Hersteller(in) Unbekannt
Datum der Herstellung/Erstellung
Ca. 1960-1970er-Jahre
Eingang in die Museumssammlung
Ca. 1990er Jahre - 2000
Herkunftsort
Unbekannt; wahrscheinlich Siebenbürgen
Aktueller Standort
National Museum of the Romanian Peasant, Bucharest, Romania
Material
Geblasenes Glas
Maße
30,5 x 10 x 6 cm (L x B x H)
Inventarnummer C.Ob-0048
Stichwort Haus Kunst Erinnerung
Copyright Nationalmuseum des rumänischen Bauern
Status Magaziniert
Bildnachweis Vladimir Bulza / Urheberrecht NMRP
Bunter Glasfisch aus dem kommunistischen Rumänien.
Worum handelt es sich bei diesem Objekt, mit welchen Menschen steht es in Zusammenhang?
Das Artefakt wurde höchstwahrscheinlich in einer der zahlreichen Glasbläsereien im rumänischen Siebenbürgen hergestellt – zwei der bekanntesten befinden sich in den Gebieten Pădurea Neagră und Tomești. Obschon die Glasbläserei in erster Linie eine Arbeit ist, die individuelle Expertise und Geschicklichkeit erfordert, waren diese Gegenstände nur selten signiert, da deren Schöpfer eher in Genossenschaften oder Betrieben arbeiteten. Während des kommunistischen Regimes waren diese Berufsgemeinschaften einer gesichtslosen staatlichen Institution unterstellt, die als einziger Lieferant fungierte – ihre Arbeit wurde direkt an sie übergeben.
Mit welchen Orten ist dieses Objekt verbunden, wie europäisch/transnational ist es?
Obwohl die Herkunft des Artefakts selbst unklar ist, weiß man, dass in Siebenbürgen bereits zu Beginn des 7. Jahrhunderts Glaswaren hergestellt wurden, wofür Arbeiter aus Italien, insbesondere Murano, ins Land geholt wurden; im Laufe der Zeit kamen auch deutsche und slowakische Arbeiter hinzu. Hier entstanden später die Fabriken Pădurea Neagră und Tomești. In der zweiten Hälfte des kommunistischen Regimes waren Glasfische angeblich in den meisten rumänischen Haushalten zu finden; im kollektiven Gedächtnis hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass damit Kathodenstrahlfernseher zusammen mit Leinstickereien dekoriert wurden. In einigen Quellen wird erwähnt, dass rund 90-95 % der Produktion in die USA exportiert wurden.
Warum und wie ist dieses Objekt in die Museumssammlung gelangt?
Das Objekt ist Teil einer größeren Schenkung des privaten Gebers Marius Cazan. Nach der antikommunistischen Revolution im Jahr 1989 kündigte das neu gegründete Museum des rumänischen Bauern an, dass es Artefakte aus der Bevölkerung für seine Ausstellungen und Archive erhält, und bekräftigte damit seinen Anspruch, Mikrogeschichten und das jüngere Erbe aufzuwerten. Mehrere solcher Fische sind zu Ausstellungszwecken in den Besitz des Museums gelangt, etwa im Rahmen der Ausstellung Namenlos in der Welt (2012) und Museum3017 (2017).
In welchem Verhältnis steht dieses Objekt zu Abfall?
Dem Artefakt haftet der Status des Gewöhnlichen an, der von Museen im Vergleich zu historischen Großereignissen oder der etablierten Kultur erst spät als relevant anerkannt wurde. Handwerklich hergestellt ist das Artefakt selbst jedoch auch keine Massenware. Es ist mehr als ein Haushaltsgegenstand, da er etwas über den Alltag des Besitzers aussagt und ein breites Spektrum gesellschaftlicher Einstellungen aufzeigt. Das Artefakt schließt nicht regimekonformes Verhalten ein und verweist zugleich auf die Komplizenschaft gewöhnlicher Gegenstände bei der Legitimierung von Macht, weil sie Regime symbolisieren. Im Kommunismus wurde Luxus durch Dekor demokratisiert und erschwinglich – eine Wohnung wurde zum Heim, was häufig kitschig anmutet.